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„Was Kinder betrifft, betrifft die Menschheit“

Maria Montessori

Maria MONTESSORI

Maria MONTESSORI wurde 1870 in Chiaravalle (Italien) geboren. Sie war die erste Frau, die in Italien Medizin studierte und in diesem Fach promovierte. Als Assistenzärztin machte sie an der Universität in Rom ihre ersten pädagogischen Erfahrungen mit Kindern.

Aufgrund ihrer zur damaligen Zeit revolutionären Erkenntnis, dass Kinder mehr sind als nur kleine Erwachsene, machte MONTESSORI es sich zur Lebensaufgabe, sich für die Bedürfnisse und Interessen von Kindern einzusetzen.

Stark geprägt durch die Reformpolitik des beginnenden 20. Jahrhunderts entwickelte Maria MONTESSORI eine neue Pädagogik, die erstmals die eigene Person des Kindes ganzheitlich als Einheit von Körper, Geist und Seele in den Vordergrund stellte („Bewegung vom Kinde aus“).

Sowohl das Studium der medizinischen Schriften von Itard und Seguin als auch die pädagogisch-philosophischen Ausführungen der großen Pädagogen Pestalozzi, Rousseau und Fröbel hatten entscheidenden Einfluss auf MONTESSORIS Forschungen. Übereinstimmend sahen sie die Übungen des täglichen Lebens und vor allem die Schulung der Sinne als die Voraussetzung für abstraktes Lernen an.

Maria MONTESSORI betrachtet sowohl die Kindheit als auch die Entwicklung und Reifung zum Erwachsenen als Stufen, die ihren Wert in sich selbst bergen. Dieser Prozess wird nicht von den Erwachsenen vollbracht, sie können allenfalls Helfer sein. Das Kind selbst ist der eigene Baumeister seiner Persönlichkeit. Innere Gesetze, die der Erwachsene als die Geheimnisse des Kindes anerkennen soll, leiten das Kind in dieser Entwicklungsarbeit. Ziel des ganzen unbewussten Strebens der Kinder ist die Loslösung und Unabhängigkeit vom Erwachsenen im Rahmen ihrer Möglichkeiten. „Hilf mir, es selbst zu tun“, ein Leitsatz in Maria MONTESSORIS Pädagogik, bedeutet, dass nur das Kind allein in der tätigen, aktiven Auseinandersetzung mit seiner Umwelt zur freien und unabhängigen Persönlichkeit reifen kann.

Sie entwickelte spezielle Materialien, die systematisch aufeinander aufbauen und den Reifestufen des Kindes gerecht werden.

1907 übernahm sie die Leitung des ersten Kinderhauses „Casa dei Bambini“ in Rom.

Quelle: roma.com

Bis heute ist bemerkenswert, dass unter Maria MONTESSORIS Anleitung weltweit Kindergärten und Schulen gegründet wurden, die aus ihren Erkenntnissen praktische Konsequenzen zogen. Dadurch entstanden neue Unterrichtsformen und didaktisches Arbeitsmaterial, die selbstbestimmtes Lernen ermöglichten und dem kindlichen Forschungs- und Entwicklungsdrang Raum gaben.

WELTWEIT VERNETZT

Im 21. Jahrhundert ist die Pädagogik Maria MONTESSORIS mehr als nur eine Unterrichtsmethode mit einer besonderen Lernumgebung und Materialien. MONTESSORI-Pädagogik hat sich zu einer globalen Bewegung ausgeweitet. Inzwischen profitieren Kinder auf der ganzen Welt davon.

Maria MONTESSORI unternahm zahlreiche Reisen und nutze dabei die Gelegenheit, Kinder in den unterschiedlichsten Teilen der Welt zu beobachten und die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu dokumentieren. Ihre Publikationen von damals werden heute von den Hirnforschern bestätigt.

Sie verstand sich selbst als Weltbürgerin. Kinder bezeichnete sie ebenfalls so und prangerte in ihren Vorträgen an, dass Kinder „the forgotten citizens of the world“ seien. Der Kern ihrer Pädagogik ist, dass Kinder und Jugendliche nur durch ganzheitliche Bildung in der Lage sind, zu einer Welt in Frieden beizutragen.

Am 6.5.1952 verstarb sie in Noordwijk aan Zee in den Niederlanden. Ihr Sohn Mario MONTESSORI führte das Lebenswerk seiner Mutter in ihrem Sinne weiter.

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Maria MONTESSORIS Blick auf die kindliche Entwicklung

Voraussetzungen für die ungebremste kindliche Entwicklung sind motivierte, motivierende, ständig ansprechbare Eltern, und Pädagog*innen sowie eine vorbereitete Umgebung.

Die Phasen der Entwicklung gliedern sich nach Maria MONTESSORI in drei Hauptphasen:

  • Aufbauphase (0 bis 6 Jahre)
  • Ausbauphase (6 bis 12 Jahre)
  • Umbauphase (12 bis 15 Jahre)

Kennzeichnend für jede Phase ist eine besondere Empfänglichkeit des Kindes zum Erlernen bestimmter Fähigkeiten, die von vorübergehender Dauer ist. Durch genaue Beobachtung müssen Pädagog*innen erfassen können, wofür das Kind Interesse zeigt, womit es gerade arbeitet, wofür es sensibel ist und dementsprechend passendes Entwicklungsmaterial anbieten.

Frühe Kindheit – der erste Lebensabschnitt – Aufbauphase (0 bis 6 Jahre)

Nach Maria MONTESSORI ist diese erste Stufe die wichtigste Entwicklungsphase des Lebens. Jetzt bilden sich Persönlichkeit und Fähigkeiten eines Kindes. Maria MONTESSORI versteht die ersten sechs Lebensjahre des Kindes als eine zweite embryonale Wachstumsphase, in der sich Geist und Psyche des Kindes entfalten.

Das Kleinkindalter

Während ein Erwachsener bestimmte Umweltreize filtern kann, absorbiert ein Kind in den ersten drei Lebensjahren seine Umwelt. Diese wird Teil seiner Persönlichkeit. Der absorbierende Geist befähigt das kleine Kind zu einer ganzheitlichen Aufnahme von Welteindrücken, wie sie dem Menschen später nicht mehr zur Verfügung steht. Dies ist deutlich beim Erwerb der Sprache zu beobachten.

Von der Geburt an ist die Entwicklung eines Kindes eine aktive Auseinandersetzung mit seiner Umwelt. Es sammelt eine Vielzahl von Erfahrungen über alle Sinne, muss aber auch lernen, diese in eine Ordnung zu bringen. Nur so kann sich das Kind an seine Umgebung anpassen, seine Intelligenz entwickeln und sich damit seine Umwelt erschließen.

In ihren Forschungen entwickelte die Ärztin Dr. Maria MONTESSORI spezielle Materialien zur isolierten Schulung der Sinne. Dieses „Sinnesmaterial” soll das Kind beim Prozess der Ausdifferenzierung der einzelnen Sinne unterstützen. Die Materialien helfen ihm, verschiedene Eigenschaften anhand von Gegenständen zu erkennen und nach Merkmalen zu ordnen. Damit wird dem Kind das Werkzeug gegeben, aus dem Chaos von Wahrnehmungen und zunächst vagen Ordnungen eine klare und bewusste innere Ordnung gestalten zu können.

Sinnesmaterialien treten nicht an die Stelle der Auseinandersetzung des Kindes mit der Lebensumwelt. Mit dem Sinnesmaterial heben die Kinder ihre gespeicherten Erfahrungen in ihr Bewusstsein und „begreifen” im wahrsten Sinne die Welt.

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Das Kindergartenalter

Im Alter zwischen 3 und 6 Jahren entwickeln sich die unbewussten, „absorbierten” Eindrücke der frühen Kindheit durch zunehmend selbstständige Aktivitäten der Kinder hin zum bewussten Arbeiten. Der Aktionsradius kann sich ausdehnen. Hinzu kommt die Eingewöhnung in erweiterte soziale Bezüge.

Späte Kindheit – der zweite Lebensabschnitt – Ausbauphase (6 bis 12 Jahre)

Kinder im Alter von etwa sechs bis zwölf Jahren möchten ihre Interaktionen ausweiten, die Zugehörigkeit zu einer Gruppe gewinnt noch mehr an Bedeutung. In diesem Alter interessieren sich die Kinder zunehmend für Fragen der Gerechtigkeit und der Moral.

Im Rahmen der beginnenden Abstraktionsfähigkeit drängen sie danach, Ursachen und Wirkungen zu erforschen. Die Vorstellungskraft wächst und die Kinder erschließen sich immer weitere Zusammenhänge.

Sie haben also eine hohe Sensibilität für Fragen der Ordnung und erlernen in unserer Gesellschaft die Kulturtechniken – lesen, schreiben, rechnen.

Die MONTESSORI-Pädagogik eröffnet Schüler*innen Möglichkeiten, in der „vorbereiteten Umgebung“ individuell und im eigenen Tempo ihren Lernhunger zu stillen.

Durch kindgerechte Bedingungen wie die Möglichkeit der freien Platzwahl, Gestaltung der eigenen Lernsituation usw. erreicht das Kind tiefe Konzentration, in der maximale Entwicklung stattfinden kann.  

Jugendalter – der dritte Lebensabschnitt – Umbauphase – (12 bis 15 Jahre)

Die Jugendlichen im Alter von 12 bis 15 Jahren befinden sich im Übergang von der Mentalität des Kindes, das innerhalb der Familie lebt, zur Mentalität des Erwachsenen, der in der Gesellschaft lebt. Das ist naturgemäß eine schwierige Umbruchphase.

Die Pubertät ist die Zeit der großen Umwandlung, in der das Individuum zum sozialen Menschen wird. Als Entwicklungsaufgabe steht also im Vordergrund, ein Gefühl für die Gesellschaft zu entwickeln und den eigenen Platz darin zu finden. Zu keiner anderen Zeit seines Lebens ist der Mensch so stark mit moralischen Werten und Fragen beschäftigt.

Gleichzeitig setzt ein vehementes körperliches Wachstum mit seinen psychischen Komponenten ein. In dieser Zeit stehen für den Jugendlichen soziale Prozesse im Mittelpunkt und es fällt ihm schwer, sich auf das Lernen zu konzentrieren. Praktische, sinnvolle, nützliche Tätigkeiten, in denen er sich selbst erfahren kann, entsprechen viel eher seinen Entwicklungsbedürfnissen.

Grundbegriffe der MONTESSORI-Pädagogik

Durch Studium, Beobachtung und Reflexion gewann Maria MONTESSORI Erkenntnisse über den kindlichen Entwicklungsprozess, aus denen sie verschiedene Grundprinzipien für ihre Pädagogik ableitete.

Die „sensiblen Phasen“

Immer häufiger begegnet man in der neuesten entwicklungspsychologischen Literatur dem Begriff „sensible Phasen”. Gemeint sind Zeitspannen, in denen Kinder eine besonders hohe Bereitschaft und Fähigkeit für bestimmte Lerninhalte zeigen. MONTESSORI hat diesen Begriff aus der Biologie entnommen und ihn in der Entwicklung des Kindes bestätigt gefunden.

Sie beschreibt das Phänomen so: "Bei den sensiblen Perioden handelt es sich um besondere Empfänglichkeiten, die in der Entwicklung, d.h. im Kindesalter der Lebewesen, auftreten. Sie sind von vorübergehender Dauer und dienen nur dazu, dem Wesen die Erwerbung einer bestimmten Fähigkeit zu ermöglichen. Sobald dies geschehen ist, klingt die betreffende Empfänglichkeit wieder ab. So entwickelt sich jeder Charakterzug aufgrund eines Impulses und während einer eng begrenzten Zeitspanne”. [1]

Die Abfolge dieser Phasen folgt einer inneren Gesetzmäßigkeit. Bleibt einem Kind die Möglichkeit versagt, gemäß seiner inneren Regungen und Bereitschaft zu handeln, so hat es die Gelegenheit, sich auf natürliche Weise bestimmte Fähigkeiten anzueignen, für immer versäumt. Der Nachdruck liegt auf „natürliche Weise”; denn nachzuholen ist im Leben vieles, allerdings nicht mehr mit jener Leichtigkeit, ja Begeisterung und Vollkommenheit wie im Zeitraum der sensiblen Periode. Vieles, was wir später zu erlernen und uns anzueignen versuchen, ist deshalb mit großer Mühe, Anstrengung und Aufwand von Willenskraft verbunden, weil der optimale Zeitpunkt dafür versäumt worden ist.

Wenn nun die entsprechenden Fähigkeiten in den sensiblen Phasen errungen worden sind, so klingt die Begeisterung für sie ab. Jedoch entstehen neue Empfänglichkeiten, so dass das Kind von einer Eroberung zur anderen fortschreitet.
Damit bestimmen die inneren Empfänglichkeiten, was vom Kind aus der Vielfalt seiner Umwelt aufgenommen wird oder welche Situation für seine augenblickliche Entwicklung die vorteilhafteste ist. Die Empfänglichkeit ist die Ursache, weshalb das Kind gewisse Dinge interessant findet, sich für sie aufgeschlossen zeigt und andere ignoriert bzw. für sie kein Interesse empfindet. Werden aber die Bedürfnisse des Kindes befriedigt, so äußert sich dies in Form von seelischer Ausgeglichenheit und Zufriedenheit.
MONTESSORI gebraucht einen Vergleich, um das besondere Wirken der Empfänglichkeitsperioden näher zu umschreiben: „Sobald eine solche Empfänglichkeit in der Seele des Kindes aufleuchtet, ist es, als ob ein Lichtstrahl von ihr ausginge, der nur bestimmte Gegenstände erhellt, andere hingegen im Dunkel lässt. Die ganze Wahrnehmungswelt des Kindes beschränkt sich dann mit einem Male auf diesen einen hell erleuchteten Bezirk”. [2]

Darum muss man mit besonderer Sorgfalt auf die Zeichen achten, die eine solche sensible Phase andeuten. Sie zeigen sich in Form eines lebhaften Bedürfnisses, sich mit bestimmten Dingen und Situationen zu beschäftigen.

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Der „absorbierende Geist“

Ein von der modernen Entwicklungstheorie noch wenig beachtetes, jedoch für die Pädagogik höchst bemerkenswertes Phänomen ist die besondere Art der Lernfähigkeit des Kindes. Maria MONTESSORI spricht von einer „privilegierten Geistesform”, die sich von der des Erwachsenen erheblich unterscheidet und die sie als „absorbierenden Geist” bezeichnet. [3] Das beste Beispiel für dessen Wirkweise ist der Spracherwerb des Kindes. Das Kind, das seine Intelligenz erst aufbauen muss, kann Sprache nicht lernen, indem es sich Wortschatz und grammatikalische Regeln aneignet. Vielmehr assimiliert es die Sprache ganzheitlich, „in ihrer Totalität”, sagt MONTESSORI [4], ohne Differenzierung zwischen Syntax, Semantik und Phonetik. Bereits im Alter von zwei bis drei Jahren beherrscht das Kind die Muttersprache nahezu perfekt, ohne je Sprachunterricht erhalten zu haben.

Was für den Spracherwerb gilt, gilt analog auch für die Aneignung der übrigen Bereiche der Kultur: „Nach wiederholten Versuchen erlangten wir die Gewissheit, dass alle Kinder ohne Unterschied die Fähigkeit besitzen, Kultur zu ‚absorbieren‘. Wir konnten beobachten, wie das Kind (im Alter zwischen drei und sechs Jahren) weit mehr als Lesen und Schreiben ‚absorbierte‘: Botanik, Zoologie, Mathematik, Geografie erlernte es gleichermaßen leicht, spontan und ohne Anstrengung.” [5]
Während sich das Kind unbewusst die Kultur aneignet, baut es zugleich seine Personalität auf. Das Kind als Baumeister des Menschen, bildet sich, „indem es seine Umwelt absorbiert”. [6]

Etwa ab dem vierten Lebensjahr wird die unbewusste, absorbierende Tätigkeit des Geistes durch bewusste Aktivität ergänzt. Sie verschwindet zwar nicht gänzlich. Aber sie verliert den Charakter der Ausschließlichkeit. Nun beginnt das Kind bewusst zu handeln und die Welt gezielt zu erobern. Aus dem „unbewussten Schöpfer” wird ein „bewusster Arbeiter”. [7]

Die „Polarisation der Aufmerksamkeit“

Entgegen der weit verbreiteten Auffassung, das Verhalten des Kindes sei durch rasch wechselnde Interessen und durch unbeständige Tätigkeiten gekennzeichnet, machte MONTESSORI die Entdeckung, dass Kinder unter bestimmten Bedingungen zu anhaltend konzentrierter Beschäftigung fähig und bereit sind.

Um diese Form konzentrierter Aufmerksamkeit von der meditativen Selbstversunkenheit und der geistlichen Meditation zu unterscheiden, spricht MONTESSORI von „Polarisation”. Gemeint ist „das Aufgehen in einer Arbeit, einer konzentrierten, frei gewählten Arbeit, die die Kraft hat zu konzentrieren und, anstatt zu ermüden, die Energien, die geistigen Fähigkeiten und die Selbstbeherrschung erhöht”. [8] Es geht um eine geistige Auseinandersetzung mit einem Gegenstand, die mehr ist als bloße „Beschäftigung”. Sie ist „Arbeit” im strengen Sinn. [9] Sie kann weder befohlen noch künstlich hervorgerufen werden.

Sie wird zwar ausgelöst durch eine vom Gegenstand ausgehende Faszination, doch bewirkt diese allein noch keine konzentrierte Beschäftigung mit ihm. Es muss noch ein innerer Impuls als Antwort auf den äußeren Reiz hinzukommen. Nur wenn Übereinstimmung zwischen geistigem Interesse und sinnlichem Reiz besteht, wird Polarisation möglich.

Das Phänomen der Polarisation ist bei jedem Kind anzutreffen, sofern ihm die Freiheit gewährt wird, seinen Interessen nachzugehen bzw. es in eine Umgebung versetzt wird, die seinen geistigen Hunger zu stillen und in der es seinem Tätigkeitsdrang ungestört nachzugeben vermag. [10]

Sind diese Voraussetzungen gegeben, bleibt die Polarisation nicht aus; denn ein inneres Streben treibt das Kind an, sich mit einem interessanten Gegenstand zu befassen und sich so lange dieser Tätigkeit hinzugeben, bis ein gewisser Sättigungsgrad erreicht ist. Nicht Ermüdung oder gar Erschöpfung bestimmen deren Ende, sondern das gestillte Bedürfnis.

Interessant am Phänomen der Polarisation sind dessen Folgeerscheinungen: Die Kinder entwickeln Eigenschaften wie „spontane Disziplin”, „ständige, freudige Arbeit”, „soziale Gefühle der Hilfe und des Verständnisses für die anderen”. [11] Es entsteht ein Bewusstsein um die eigene Individualität und „die Liebe für die Personen und die Dinge”. Das Kind „trennt sich selbst von der Welt, um die Kraft zu erringen, sich mit ihr zu vereinen”; es spürt die Welt „wie ein unbegrenztes Feld für neue Entdeckungen und es bemerkt die Gefährten, denen es ein herzliches Interesse entgegenbringt”. [12] Die Polarisation der Aufmerksamkeit ist der Grundstein für den „Beginn einer neuen Lebensform”. [13]

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Die „Arbeit des Kindes“

Die Arbeit des Kindes spielt in der MONTESSORI-Pädagogik eine zentrale Rolle. Maria MONTESSORI hat erkannt, dass die intensive Tätigkeit von Kindern ‚Arbeit‘ bedeutet, z.B. wenn sie sich mit den Materialien zu den „Übungen des praktischen Lebens“ oder Mathematik beschäftigen. Beim Arbeiten verbinden sich immer praktisches Tun mit emotionalen, sozialen und kognitiven Lernprozessen und es verbinden sich ‚Ich‘ und ‚Welt‘.

Die Arbeit des Kindes hat jedoch ganz andere Merkmale als die Arbeit des Erwachsenen, die häufig mit Willensanstrengung, Effizienz und Ergebnisorientierung verbunden ist. „Arbeitet ein Kind, so tut es dies nicht, um ein äußeres Ziel zu erreichen. Sein Ziel ist das Arbeiten”. [14] Typisch für die Arbeit des Kindes ist auch, dass es nicht den Weg des geringsten Kraft- und Zeitaufwandes sucht und von sich aus keine Belohnung erwartet. Ein starker innerer Antrieb bringt das Kind dazu, selbstständig tätig zu sein und dabei eigene Wege und Möglichkeiten auszuprobieren. Gleichzeitig entwickeln sich in Verbindung damit Disziplin und innere Ordnung; die eigenen Bestrebungen, Impulse und Bewegungen ordnen sich der Notwendigkeit einer Sache zu. Die beste Voraussetzung für diesen Prozess ist die freie Wahl der Arbeit, einer Arbeit, „die der Mensch in seinem Innersten anstrebt.“

Für kleine Kinder stehen an erster Stelle die Arbeiten „zur Pflege der eigenen Person und zur Pflege der Umgebung“.

Die Arbeit des Kindes spielt in der MONTESSORI-Pädagogik eine zentrale Rolle. Maria MONTESSORI hat erkannt, dass die intensive Tätigkeit von Kindern ‚Arbeit‘ bedeutet, z.B. wenn sie sich mit den Materialien zu den „Übungen des praktischen Lebens“ oder Mathematik beschäftigen. Beim Arbeiten verbinden sich immer praktisches Tun mit emotionalen, sozialen und kognitiven Lernprozessen und es verbinden sich ‚Ich‘ und ‚Welt‘.

Die Arbeit des Kindes hat jedoch ganz andere Merkmale als die Arbeit des Erwachsenen, die häufig mit Willensanstrengung, Effizienz und Ergebnisorientierung verbunden ist. „Arbeitet ein Kind, so tut es dies nicht, um ein äußeres Ziel zu erreichen. Sein Ziel ist das Arbeiten”. [14] Typisch für die Arbeit des Kindes ist auch, dass es nicht den Weg des geringsten Kraft- und Zeitaufwandes sucht und von sich aus keine Belohnung erwartet. Ein starker innerer Antrieb bringt das Kind dazu, selbstständig tätig zu sein und dabei eigene Wege und Möglichkeiten auszuprobieren. Gleichzeitig entwickeln sich in Verbindung damit Disziplin und innere Ordnung; die eigenen Bestrebungen, Impulse und Bewegungen ordnen sich der Notwendigkeit einer Sache zu. Die beste Voraussetzung für diesen Prozess ist die freie Wahl der Arbeit, einer Arbeit, „die der Mensch in seinem Innersten anstrebt.“

Für kleine Kinder stehen an erster Stelle die Arbeiten „zur Pflege der eigenen Person und zur Pflege der Umgebung“.

Allmählich erweitert sich ihr Aktionsradius; sie haben großes Interesse, handelnd auszuprobieren, wie die Dinge in ihrer Umgebung funktionieren und wie sie hergestellt werden.

Gleichzeitig wollen sie Dinge für den eigenen Bedarf oder für die Gemeinschaft herstellen, zunächst für die Familie und ‚Peer-Group‘. Mit zunehmendem Alter wächst das Bedürfnis, so zu arbeiten, dass das Ergebnis nicht nur für einen selbst, sondern auch in den Augen anderer einen Wert hat. Die Kinder und Jugendlichen haben dann auch den Wunsch, durch ihre Arbeit beizutragen zum Erhalt und zur Gestaltung „des Ganzen“. Die Bedeutung der Arbeit für die Jugendlichen schildert Maria MONTESSORI ausführlich im „Erdkinderplan“.

Darüber hinaus sieht Maria MONTESSORI das Kind in einem weiteren Sinne als Arbeiter und Erzeuger. Es hat eine „große, wichtige und schwere Aufgabe zu erfüllen: die Aufgabe, den Menschen zu bilden.”

Es ist Aufgabe des Erwachsenen, das Kind bei seiner „Bildungsarbeit“ zu unterstützen und ihm eine Umgebung zu schaffen, die ihm diese Aufgabe erleichtert.

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Der „innere Bauplan“

Der „innere Bauplan“ ist eines der wichtigsten Grundprinzipien, auf denen Maria MONTESSORI ihre Arbeit aufbaut.

Sie war der Überzeugung, dass jedes Kind von Geburt an seinen inneren Bauplan in sich trägt. Wenn es die äußeren Einflüsse zulassen, entfalten sich Kinder ungehindert. Die Aufgabe der Erwachsenen besteht also darin, als wachsamer Begleiter geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen. Nur so kann das Kind seinen inneren Bauplan optimal entfalten.

Die „Normalisation“

Zusammenfassend soll also jedes Kind unter Berücksichtigung seiner sensiblen Phasen so individuell wie möglich lernen können. Hierfür muss es einen bestimmten Reifegrad erreicht haben, um Lerninhalte sinnvoll erfassen und verarbeiten zu können. Durch die „Polarisation der Aufmerksamkeit“ wird ihm erst die „Normalisation“ ermöglicht. Unter diesem Begriff versteht MONTESSORI die „personale Reorganisation“. Die innere Unruhe, d.h. die gestörte Einheit von Körper, Geist und Seele, spiegelt sich oft in einer äußeren Unruhe (= Fehlverhalten) wieder. Da viele Kinder in zunehmendem Maß Verhaltensabweichungen verschiedenster Art zeigen, erfolgt die Heilung durch die kindliche Arbeit, die geprägt ist durch Motivation, Aktivität und Konzentration (Polarisation der Aufmerksamkeit). Durch das Beenden einer Arbeit erfährt das Kind Befriedigung und kann durch seine Erfolgserlebnisse sein inneres Gleichgewicht organisieren. Eine gestärkte kindliche Persönlichkeit sowie die Förderung von Unabhängigkeit und Eigenverantwortung ist das Ziel, welches durch die tägliche Wiederholung einer „großen Arbeit“ und der damit verbundenen Übung und Gewöhnung erreicht werden kann.

Freiheit und Disziplin

Hatten sie schon einmal das Glück, einer MONTESSORI-Klasse in ihrer Freiarbeit zu beobachten? Wie sich Schüler*innen selbständig ihr MONTESSORI-Material aus dem Regal holen und nach getaner Arbeit wieder leise zurückstellen? Wie ein Kind hochkonzentriert sein Material am Boden ausbreitet und dabei neugierig von einem anderen Kind beobachtet wird? Wie zwei Kinder sich flüsternd gegenseitig aus einem Buch vorlesen? Dann haben sie bereits einen lebendigen Eindruck davon gewonnen, wie eng verknüpft die beiden Begriffe „Freiheit“ und „Disziplin“ bei Maria MONTESSORI sind.

Ein Kennzeichen des „normalisierten Kindes“ ist, dass es in „Freiheit und Disziplin“ arbeiten und lernen will. Diese zwei Begriffe bedingen sich gegenseitig und stellen in der MONTESSORI–Pädagogik zwei Pole dar, die sich ergänzen. „Freiheit bedeutet nicht, dass man tut was man will, sondern, Meister seiner selbst zu sein. Sie ist dann erlangt, wenn das Kind sich, im Rahmen des Lehrplans, nach seinen Bedürfnissen, seiner Entwicklung entsprechend, entfalten kann. Das Kind ist frei, wenn es von der erdrückenden Energie der Erwachsenen unabhängig geworden ist“ [15]. Es braucht einen vorgegebenen Ordnungsrahmen, der dies ermöglicht und gleichzeitig Grenzen aufzeigt. In besonderem Maß spielt hier die vorbereitete Umgebung eine wichtige Rolle, aus der das Kind, dem Thema entsprechend, frei seine Materialien wählen kann. Eine weitere Begrenzung dieser Welt wird das Kind durch die Zielsetzung des Lehrers (bedingt durch den Lehrplan), seinen Entwicklungsstand, durch die Gemeinschaft (andere Kinder, Lehrer), durch seine eigene körperliche Befindlichkeit (z.B. Müdigkeit) sowie durch den Faktor Zeit (auch sie steht nicht grenzenlos zur Verfügung) erfahren. Die freie Wahl innerhalb dieser notwendigen Begrenzungen erfordert vom Kind gleichzeitig eine innere Disziplin, die es im selben Maß wie seine Freiheit entwickelt.

MONTESSORI spricht jedoch nicht nur von der Freiheit des Einzelnen, sondern vielmehr von der Freiheit der Gruppe oder Klasse. Meine Freiheit endet genau da, wo ich die Freiheit eines anderen Menschen einschränke. Freiheit bedeutet bei MONTESSORI auch niemals antiautoritär. Ohne Regeln herrscht Chaos, was genau das Gegenteil jener Freiheit ist, in der sich der Einzelne optimal entfalten kann.

Der Mensch ist ein soziales Wesen und deshalb bedeutet seine freie Entfaltung auch soziale Entfaltung, die niemals rücksichtslos, aggressiv oder ignorant sein kann. Tauchen in der Freiarbeit Konflikte auf, ist es ein guter Rat, die Störenfriede aus der Gruppe herauszunehmen und, sobald sich ein Zeitfenster findet, ein klärendes Gespräch zu führen. In so einer Streitschlichtung werden die Begriffe „Freiheit“ und „Disziplin“ immer mitschwingen, da es ja bei nahezu jedem Konflikt um eine Grenzverletzung und mangelnden Respekt, also die Beeinträchtigung der Freiheit des anderen, geht. Die Freiheit des angegriffenen Kindes wurde also eingeschränkt, weil das angreifende Kind zu wenig Disziplin zeigt.

Am auffallendsten ist das Phänomen der freiwilligen Disziplin. Sie ist „die erste Folge einer sich innerlich formenden Ordnung” und „äußeres Zeichen für eine begonnene innere Arbeit” [16]. Auf diese Weise wird ein altes, schier unlösbares Problem gelöst, dass nämlich Disziplin erlangt wird, indem man Freiheit gibt [17].

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MONTESSORI-Pädagogik in der Praxis

Die vorbereitete Umgebung

 „Vorbereitete Umgebung” ist ein vielschichtiger, von den Bedürfnissen und dem Entwicklungsstand des Kindes wie auch von den gesellschaftlichen Bedingungen abhängiger Begriff. Das Kind benötigt seiner jeweiligen Entwicklungsstufe entsprechend eine andere Umgebung. Die vorbereitete Umgebung ist also nichts Starres, Gleichbleibendes, immer und überall Identisches, sondern etwas im höchsten Maße Flexibles und Unterschiedliches, das die Einfühlung, Kenntnis und Fantasie der Pädagog*innen herausfordert.

Doch lassen sich einige allgemeine Merkmale aufzählen, die den Begriff näher umschreiben: Er umfasst die architektonische Gestaltung eines Kinderhauses oder Schulgebäudes ebenso wie die Ausstattung des Gruppenraumes oder Klassenzimmers. Die Gegenstände, die das Kind benötigt, um seinen Geist zu üben, gehören ebenso dazu wie die Ordnung und der gepflegte Zustand, in dem sich alles im Raum befinden soll. Und nicht zuletzt gehört die Lehr- bzw. die Erzieherperson selbst dazu. „Sie ist der lebendigste Teil der Umgebung” [18] und zugleich deren Mittelpunkt.

Das MONTESSORI-Material

Maria MONTESSORI war überzeugt davon, dass der Zugang zum kindlichen Denken nicht auf abstraktem Wege, sondern grundsätzlich über die Sinne des Kindes erfolgen muss. Greifen und Begreifen sind für sie im Lernprozess untrennbar miteinander verbunden. Im Laufe ihres Lebens hat sie viele Arbeitsmaterialien entwickelt, mit denen ihre pädagogischen Grundsätze auch ganz konkret „in die Tat“ umgesetzt werden können. Dieses MONTESSORI-Material teilt sich in verschiedene Materialgruppen: Sinnesmaterial, Mathematikmaterial, „Übungen des praktischen Lebens“, Sprachmaterial und Material zur „Kosmischen Erziehung“.

Die Lernmaterialien werden meist in der Freiarbeit angeboten – die Kinder wählen sich das Material, mit dem sie arbeiten möchten, selbst aus und können sich in den meisten Fällen auch selbst kontrollieren. So erfahren sie aktiv ihre Fähigkeiten und auch ihre Grenzen. Die Materialien sind deshalb für Maria MONTESSORI der „Schlüssel zur Welt“.“

Die Altersmischung

Der Aufbau eines guten Lern- und Arbeitsverhaltens gelingt nach Auffassung Maria MONTESSORIs am besten in einer altersgemischten Gruppe. Sie ist die natürlichste Form einer menschlichen Gemeinschaft, wie die Familie zeigt, in der immer Menschen verschiedenen Alters zusammenleben. Das ist ihrer Meinung nach auch der Grund, weshalb Einzelkinder häufig schwierige Kinder sind und weshalb Eltern mit Erstgeborenen eher Probleme haben als mit den später Geborenen: Es fehlen die Gefährten.

Probleme sieht sie auch für eine Gruppe mit nur Gleichaltrigen: Wenn alle dasselbe wollen, wird ihre Betreuung schwierig. Deshalb fordert MONTESSORI, dass die Gruppe weder zu klein noch homogen ist. Je zahlreicher die Kinder in einer Gruppe sind, umso deutlicher zeigen sich ihre Unterschiede und umso eher können sie voneinander lernen. Nicht Homogenität, sondern Heterogenität ist das Band sozialen Lebens! Darum betrachtet sie es als einen grundlegenden Fehler, der andere Fehler nach sich zieht, Schulklassen mit Kindern gleichen Alters zu bilden. „Unsere Schulen haben bewiesen, dass sich die Kinder verschiedenen Alters untereinander helfen; die Kleinen sehen, was die Größeren tun und bitten um Erklärungen (...), die Größeren werden zu Helden und Meistern, und die Kleinen bewundern sie”. „Unter ihnen besteht eine natürliche geistige Osmose” [19].

Man kann in altersgemischten Schulen beobachten, dass unter den Kindern ein regelrechter Unterricht stattfindet: Jüngere Schüler lassen sich von älteren gern belehren und inspirieren. Ältere Schüler zeigen oft ein besonderes Geschick im Erklären von Sachverhalten. Dadurch findet ein Lernprozess auf beiden Seiten statt.

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Die Freiarbeit

Maria MONTESSORI gelangte zu der Gewissheit, dass echter Lernerfolg nur dann von Dauer und von bildender Wirkung ist, wenn das Kind durch aktives Handeln und gemäß seiner sensiblen Phasen Lerninhalt, Lerntempo und Lernverfahren selbst bestimmen kann.

Darum brach sie radikal mit allen traditionellen Unterrichtsmethoden und den gängigen Bewertungssystemen. Stattdessen setzte sie kompromisslos auf die selbst gesteuerte Lernaktivität und spontane Wissensbegierde des Kindes. Nur unter dieser Voraussetzung sah sie den stimmigen Aufbau der kindlichen Intelligenz gewährleistet.

MONTESSORIs Erkenntnisse decken sich mit den aktuellen Ergebnissen aus der Hirnforschung.

Der Geist, der sich entwickeln will, braucht eine Tätigkeit. Er muss sich üben und durch eine angemessene Arbeit beschäftigen können, damit sich seine Energie nicht in „Teilbildungen” [20] verliert. „Ein tatenloser Mensch kann nicht geistig sein”. [21]

Für diese Aktivität genügen nicht Gegenstände irgendwelcher Art. Sie müssen den Entwicklungsbedürfnissen entsprechen und wie gesagt darüber hinausgehen. „Es muss eine Umgebung von ‚progressiven Interessen‘ sein“ [22], d.h., die Gegenstände müssen die Aktivität des Kindes herausfordern, es neugierig machen. Deshalb sollen sie in ihrem Schwierigkeitsgrad eher etwas über dem aktuellen Leistungsvermögen des Kindes liegen. Entsprechen die Materialien den Entwicklungsbedürfnissen des Kindes nicht, können sie die Energien des Kindes nicht konzentrieren, wodurch leicht abweichendes Verhalten hervorgerufen bzw. verstärkt wird.

Das bedeutet jedoch nicht, dass die „gesunde“ Weiterentwicklung des Kindes immer von Beschäftigung mit „progressiven Interessen“ abhängig ist. Es ist für Kinder sehr wichtig, dass sie auch die Gelegenheit haben, so lange bei der gleichen Aktivität zu verweilen bzw. diese zu wiederholen, bis ihr inneres Bedürfnis danach befriedigt ist. Manchmal sind auch länger zurückliegende Aufgaben oder Materialien von großem Interesse; das Erleben, wie leicht ihnen jetzt vergangene Aufgaben fallen, kann sie bestärken und ermutigen, neue Aufgaben anzugehen.

Dabei ist der Einfluss auf die gesamte Persönlichkeit des Kindes unverkennbar: Eine Haltung des inneren Gleichgewichts und der beständigen Aufmerksamkeit gegenüber seiner Umgebung stellt sich ein. Weitere Folgen konzentrierter Arbeit sind, dass sich nach deren Beendigung nicht etwa Müdigkeit oder gar Erschöpfung zeigt, sondern Zufriedenheit, Ausgeglichenheit und Aufgeschlossenheit für die Bedürfnisse anderer. Launenhaftigkeit, Unordnung, Schüchternheit, Trägheit verschwinden und an deren Stelle treten Konzentration, spontane Disziplin, kurz all das, was MONTESSORI als „Normalisation” bezeichnet [23].

Am auffallendsten ist das Phänomen der freiwilligen Disziplin. Sie ist „die erste Folge einer sich innerlich formenden Ordnung” und „äußeres Zeichen für eine begonnene innere Arbeit” [24]. Auf diese Weise wird ein altes, schier unlösbares Problem gelöst, dass nämlich Disziplin erlangt wird, indem man Freiheit gibt [25].

Jedoch muss vor einem Missverständnis gewarnt werden. Freiheit darf nicht mit Bindungslosigkeit, Willkür oder Beliebigkeit verwechselt werden. „Dem Kind seinen Willen lassen, das seinen Willen nicht entwickelt hat, heißt den Sinn der Freiheit verraten” [26]. Dadurch würden Kinder nicht nur Gefahr laufen, seelisch zu verwahrlosen; allzu leicht könnte daraus auch “eine ungeordnete Entfesselung nicht mehr kontrollierter Impulse” entstehen. [27]

Daher muss der Weg in die Freiheit behutsam erfolgen. Es bedarf einer willensstarken Hand, einer kreativen Führung und eines wachen Auges, das die Zeichen erkennt, wenn ein Gegenstand das Interesse des Kindes weckt; denn dies ist der entscheidende Moment, in dem das Phänomen der Konzentration entsteht, aus der wiederum das Kind sein geistiges Wachstum und seine innere Ordnung gewinnt.

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